Brennnessel ist “Heilpflanze des Jahres 2022”
Auch im Pflanzenreich kann man für seine herausragenden Leistungen gekürt werden. So wurde nun auch die Brennnessel mit ihrer langen Kulturgeschichte zur Heilpflanze des Jahres 2022 ausgerufen. Und das obwohl sie vielerorts eher unbeliebt ist. Was die Brennnessel jedoch zur Heilpflanze des Jahres 2022 macht, sind sowohl ihre spirituellen als auch heilenden Eigenschaften.
Inhaltsverzeichnis
Wie die Brennnessel zu ihrem Titel kommt
Seit 1990 wird in Deutschland jährlich die Heilpflanze des Jahres ausgerufen. Eingeführt wurde diese Tradition durch den Verband der Heilkräuterfreunde Deutschlands e. V., welcher sich allerdings 2004 aufgelöst hat. Seit 2003 kürt deswegen der Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, gen. Paracelsus e. V. (NHV Theophrastus) einmal im Jahr eine Heilpflanze. Der Verein verfolgt damit zwei Ziele. Auf der einen Seite sollen somit, vielleicht bereits in Vergessenheit geratene, Informationen zu heilenden Wirkungen von Kräutern anhand der ausgewählten Pflanze exemplarisch vermittelt werden. Übergeordnet geht es aber vor allem darum, auf die Bedeutung der Phytotherapie in der Medizin hinzuweisen. Welche Pflanze es dann tatsächlich auf den Thron schafft, wird durch eine unabhängige Jury des NHV Theophrastus bestimmt. Eben diese hat auch die Brennnessel (Urtica dioica) zur Heilpflanze des Jahres 2022 gekürt. Der Vorsitzende der Jury, Heilpraktiker Konrad Jungnickel, begründete die Wahl dadurch, „dass die zutiefst einheimische Pflanze so ungeheuer vielseitig nutzbar ist“.
Eine Pflanze mit langer Kulturgeschichte
Kaum einer kennt die Brennnessel nicht. Die ausdauernde winterharte Staude ist eine Gattung der Familie der Nesselgewäsche. Mit einer durchschnittlichen Wuchshöhe zwischen 50 und 150 Zentimetern macht die Gattung der Brennnessel so einiges her. Man unterscheidet hier zwischen zwei Arten der Brennnesseln: Die höhere ist die Große Brennnessel (Urtica dioica L.) und die niedrigere die Kleine Brennnessel (Urtica urens L.). Ihren Bekanntheitsgrad hat die Brennnessel unter anderem der Tatsache zu verdanken, dass sie in unseren Breitengraden weit verbreitet ist. Außerdem hat sich bestimmt jeder schon mindestens einmal an ihr die Finger verbrannt. Die Schmerzen beim Anfassen der Pflanze kommen durch ihre sogenannten Brennhaare zustande. Das sind kleine Härchen an der Pflanze, deren Köpfchen durch das Berühren brechen und so eine Flüssigkeit abgegeben. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus Histamin, Ameisensäure, Acetylcholin, Natriumformiat und Serotonin. Diese kann auf unserer Haut durchaus sehr schmerzhaft sein und zur Bildung von juckenden Quaddeln führen.
Aus diesem Grund schneidet die Brennnessel in vielen Erzählungen auch eher schlecht ab. Beispiele dafür finden sich unter anderem in der Bibel wieder. Darin stehen Nesseln hauptsächlich für Übel und Strapaze. So sollen dem, der von einem Gottesgericht bestraft wird, wie in Jesaja 34:13 beschrieben, „Nesseln und Disteln in seinen Schlössern wachsen“. In Sagen und Märchen wird ebenfalls eher die negative Seite der Brennnessel in den Vordergrund gestellt. So muss eine Prinzessin in dem Märchen «Die wilden Schwäne» von Hans Christian Andersens unter Schmerzen aus Brennnesseln Hemden weben, damit sie die in Schwäne verzauberten Königssöhne zurück verwandeln kann.
Auf der anderen Seite weist die Brennnessel aber auch als Nutz- und Heilpflanze eine lange Tradition auf. Bereits vor 30.000 Jahren diente sie als Faserlieferantin. Auch heute noch setzen vor allem nachhaltige Textilhersteller auf die Brennnessel. Im Gegensatz zur Baumwolle ist die Brennnessel anspruchslos, benötigt kaum Pestizide und vor allem keine künstliche Bewässerung. Lediglich das Separieren und Eliminieren der Fasern ist aufwändig, weshalb sich nur wenige Firmen dieser Herausforderung annehmen.
Nicht zu vergessen, welch wertvolle Rolle die Brennnessel in unserer Ernährung spielen kann. Das Kraut ist nämlich besonders reich an Vitamin C. Aber auch Eisen, Magnesium und Kalium sind in dem heimischen Kraut zu großen Teilen enthalten. Außerdem ist die Brennnessel auch noch außerordentlich eiweißreich, was sie in Summe zu einem wertvollen Nahrungsmittel macht. Darüber hinaus verfügt die Pflanze über diverse heilende Eigenschaften, weshalb sie in der Naturheilkunde nahezu unverzichtbar geworden ist.
Heilende Wirkung der Brennnessel
Über die heilende Wirkung der Brennnessel gibt es eine Vielzahl an Theorien, die zu einem großen Teil auch durch wissenschaftliche Studien bestätigt werden konnten. Ihre Wirksamkeit als Heilpflanze wurde daher auch durch die Kommission E anerkannt. Hierbei handelt es sich um eine wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA) und des heutigen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Aufgrund dieser Anerkennung werden noch immer beide Brennnessel-Arten arzneilich genutzt. Die Kommission E formulierte zwei Positiv-Monographien für die Brennnessel: Eine für Urtica herba bzw. Urtica folium (Brennnesselblätter) und eine zweite für Urtica radix (Brennnesselwurzel).
Die erste Monographie für die Brennnesselblätter nennt als besonders wirksame Inhaltsstoffe folgende:
- ungesättigte Fettsäuren
- Flavonoide
- Caffeoylchinasäuren
- Mineralsalze (Calcium, Kalium)
Aufgrund dieser Inhaltsstoffe entwickeln die Brennnesselblätter unter anderem folgende Eigenschaften in Bezug auf die Wirkung auf unseren Organismus.
- Aquaretisch: Das bedeutet, der Körper – speziell die Niere – wird dazu angeregt, mehr Wasser auszuscheiden. Für diese Wirkung sollen vor allem die Mineralsalze und Flavonoide verantwortlich sein.
- Entzündungshemmend: Diese Wirkung verdankt die Brennnessel den enthaltenen ungesättigten Fettsäuren und der Caffeoyläpfelsäure. Diese sollen die Prostaglandinsynthese und damit die Entzündungsprozesse im Körper hemmen können.
Innerhalb der zweiten Monographie für die Brennnessel nennt die Kommission E als wirksame Inhaltsstoffe in Urtica radix (Brennnesselwurzel) Phytosterole und Polysaccharide. Die Phytosterole sollen die beiden Typen des Enzyms 5α-Reduktase und damit das Prostata-Wachstum hemmen können. Die Polysaccharide wiederum weisen antiinflammatorische Effekte auf. Dadurch erhöht sich der maximale Harnfluss und die Restharnmenge wird gleichzeitig erniedrigt.
Auf Basis dieser Eigenschaften lassen sich verschiedene Anwendungsbereiche ableiten. Im Folgenden werden die gängigsten Anwendungsbereiche der Brennnessel näher beschrieben.
Brennnessel-Tee bei Harnwegsinfekten
Insbesondere ihre leicht harntreibender Effekt macht die Brennnessel zu einem hervorragenden Pflanzenmittel bei Harnwegsinfekten. In ihrer ersten Monographie empfiehlt die Kommission E demnach auch eine Durchspülungstherapie (innere Anwendung) mit Brennnessel bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Die in den Brennnesselblättern vorhandenen Flavonoide zählen zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe und haben auf unseren Körper eine positive Wirkung. Ähnlich wie sie die Pflanze vor Umwelteinflüssen schützen können, so haben sie durchaus auch eine Schutzfunktion gegenüber einer Vielzahl an Erkrankungen unseres Organismus. Sie wirken beispielsweise antioxidativ, antimikrobiell, antibakteriell sowie antifungal. Ihnen wird aber auch eine leicht wassertreibender Effekt nachgesagt. Dies kann dazu führen, dass die Menge an Harnausscheidungen erhöht wird und damit die ableitenden Harnwege gut durchspült werden. Aus diesem Grund sind Brennnesselblätter häufig Bestandteil von Teemischungen bei Blasenentzündungen oder anderen Harnwegseffekten. Weitere hilfreiche Kräuter für die Anwendung bei Harnwegsinfekten sind Birkenblättern und Goldrutenkraut. Neben dem Trinken des Tees ist es wichtig, den Körper mit ausreichend viel Wasser zu versorgen. Das unterstützt den durchspülenden Effekt.
Diese Anwendung eignet sich im übrigen auch zum Vorbeugen beziehungsweise der Behandlung von Nierengrieß. Hierbei handelt es sich um Ablagerungen im Hohlsystem der Niere. In der Regel werden diese über den Urin ausgeschieden. Bewegt sich der Nierengrieß jedoch entlang eines ableitenden Harnwegs und bleibt im Harnleiter stecken, kann es zu einer Harnstauung kommen. Dies wiederum verursacht kolikartige Schmerzen. Im Akutfall sind medizinische Eingriffe unumgänglich.
Brennnessel-Tinktur als Wunderkraut für Haut und Haar
Neben ihrer heilenden Wirkung bei Harnwegsinfekten, findet die Brennnessel auch Anwendung in kosmetischen Bereichen. So gilt sie beispielsweise als Wundermittel für Haut und Haar. Auf unsere Haarwurzeln wirkt die Brennnessel nämlich entgiftend und kräftigend. Dies liegt insbesondere an den durchblutungsfördernden Inhaltsstoffen der Pflanze. Das Haarwachstum wird außerdem angeregt und juckende Kopfhaut beruhigt. Die entzündungshemmende und reinigende Wirkung der Brennnessel sorgt für ein natürliches Gleichgewicht auf unserer Kopfhaut. Angewandt werden kann die Brennnessel auf unseren Köpfen beispielsweise in Form einer Tinktur. Diese kann gezielt gegen Haarausfall, fettige Kopfhaut und Schuppen eingesetzt werden. Zur Verwendung sollte diese jedoch im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnt und dann und regelmäßig nach der Haarwäsche in die Kopfhaut einmassiert werden.
Die Anwendung auf der Haut ist dann sinnvoll, wenn man unter Unreinheiten leidet. In diesem Fall gibt man etwas von der Tinktur auf ein Wattepad und tupft damit die betroffenen Hautpartien ab. Die Anwendung sollte jedoch auf 1 – 2 mal pro Tag begrenzt werden, da die Haut sonst austrocknen kann.
Brennnesselwurzel kann bei gutartigen Prostatavergrößerungen unterstützend wirken
Haben Männer zunehmend Probleme beim Wasserlassen, kann das auf eine gutartige Prostatavergrößerung hinweisen. Bei der Prostata, auch Vorsteherdrüse genannt, handelt es sich um eine ca. vier Zentimeter große walnussförmige Drüse, welche direkt unterhalb der Harnblase sitzt. Sie umschließt dort ringförmig die Harnröhre, durch welchen der Urin geleitet wird. Ist die Drüse nun vergrößert, können Beschwerden beim Wasserlassen auftreten. Dazu zählt beispielsweise vermehrter nächtlicher Harndrang, ein abgeschwächter Harnstrahl oder einen verzögerter Beginn des Wasserlassens. Auszüge aus den Wurzeln der Brennnessel können dem entgegenwirken und das Wasserlassen erleichtern, wie auch in der zweiten Monographie für die Brennnessel durch die Kommission E festgehalten wurde. Verantwortlich für diesen positiven Effekt sind vermutlich die Phytohormone der Brennnessel. Wichtig ist jedoch zu betonen, dass die Brennnesselwurzel lediglich die Beschwerden der vergrößerten Prostata verringern kann, nicht aber die Vergrößerung an sich.
„Nesselpeitschen“ bei Gicht und Rheuma
In Labvorversuchen hat man festgestellt, dass die Inhaltsstoffe der Brennnessel antientzündlich wirken können. Da liegt die Vermutung nahe, dass das Heilkraut deswegen auch bei entzündlichem Rheuma unterstützen kann. Inwieweit eine medizinische Anwendung der Brennnessel bei entzündlichen Krankheiten helfen kann, ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht. Dass es aber einen positiven Effekt geben kann, besagt auch die erste Monographie der Kommission E zu Urtica herba beziehungsweise Urtica folium. Hier wird als Indikation für Brennnesselkraut beziehungsweise Brennnesselblätter eine unterstützende Therapie bei rheumatischen Beschwerden genannt. Die Anwendung kann sowohl innerlich als auch äußerlich erfolgen.
Pfarrer Kneipp sieht ebenfalls einen positiven Effekt durch die Anwendung der Brennnessel bei Gelenkerkrankungen wie Gicht und Rheuma. Nicht jedoch durch die innerliche Einnahme sondern durch äußerliches Einwirken. Die sogenannte „Nesselpeitsche“ ist eine alte Heilmethode, die durch Sebastian Kneipp bekannt wurde. Man nehme eine oder mehrere Brennnesselpflanzen und schlägt diese sanft auf die betroffene Stelle. Folglich treten die bereits genannten Wirkstoffe aus und hinterlassen an der betroffenen Stelle das charakteristische Brennen. Aber nicht nur das – sowohl das enthaltene Acetylcholin als auch das Serotonin soll eine schmerzlindernde Wirkung haben. Zusätzlich gelangt das Acetylcholin unter die Haut und regt dort die Blutgefäße an. Dadurch wird wiederum die Durchblutung gesteigert. Serotonin fördert ebenfalls die Durchblutung, jedoch in der Skelettmuskulatur. Dies hat zum Einen den Effekt, dass Giftstoffe und Krankheitserreger, die an den Entzündungsherden lagern, schneller aus dem Körper transportiert werden. Zum anderen kann durch eine gesteigerte Durchblutung auch ein Wärme-Effekt erzeugt werden, was an den betroffenen Stellen gut tun kann.
Wie die Brennnessel auf spiritueller Ebene wirkt
Die Brennnessel ist nicht nur im Rahmen der Naturheilkunde bekannt. Ihr wird auch eine Kraft auf spiritueller Ebene zugesprochen. Hierzu gibt es verschiedenste Theorien und Bräuche. Man vermutete früher beispielsweise, dass in der Brennnessel der Sitz eines dämonischen Wesens sei. Erkenntlich zeigt sich dieser durch die Pfeile auf den Blättern, welche mit brennendem Gift ausgestattet sind. Die Brennnessel berühren, ohne sich zu verbrennen, konnte daher nur eine wahrhaftige Jungfrau. Passend dazu wurde die Brennnessel häufig zum Symbol des schmerzlichen Liebesbrennens oder der hoffnungslosen Liebe gemacht. Unter den Germanen und vermutlich auch den Kelten herrschte der Brauch, bei drohendem Gewitter Brennesselruten auf den Bierbottich zu legen, damit das Gebräu nicht umschlägt und sauer wird. Aufgrund der durchblutungsfördernden Wirkung der Brennnessel gelten Speisen mit dem Kraut noch bis heute als aphrodisierend. “Nesselblätter in Wein gesotten und getrunken, machen zur Liebe feurig, locken zur Unkeuschheit”, wie Mattioli berichtete. In der Wildkräuter-Esoterik hat man darüber hinaus die Theorie aufgestellt, dass man mit Hilfe der Brennnessel Kontakt in eine andere Welt aufnehmen kann. Ihr wird sogar nachgesagt, dass bereits Verstorbene über den Brennnesselstrauch zu uns in die reale Welt kommen können. Damit wurde auch erklärt, wieso hinter alten Hexenhäusern fast immer Brennnesselsträucher wuchsen. Heute ist klar, dass die Brennnessel fast überall wächst. Der Gedanke, dass von der Brennnessel auch spirituelle Kräfte ausgehen, besteht jedoch weiterhin.
So kann die Brennnessel als Heilkraut angewandt werden
Zur Verwendung der Brennnessel zu gesundheitsbezogenen Zwecken, kann man diese ganz einfach frisch ernten. Die beste Zeit dafür sind die Monate Mai und Juni. Prinzipiell kann von der Brennnessel auch das gesamte Kraut sowie die Wurzel therapeutisch genutzt werden. Vor der Ernte sollte man allerdings sicherstellen, dass man die gesuchte Pflanze auch richtig identifiziert hat. Die Brennnessel lässt sich anhand ihrer charakteristisch gesägten und spitz zulaufenden Blätter gut erkennen. Eine Verwechslungsmöglichkeit stellt möglicherweise die Taubnessel dar, welche zur Familie der Lippenblüter gehört. Die Unterscheidung ist demnach spätestens zur Blütezeit nicht mehr schwer. Außerdem hat die Taubnessel keine Brennhaare. Neben einer notwendigen Pflanzenkunde ist es beim Ernten der Brennnessel auch wichtig, diese an einem Ort zu sammeln, der nicht unbedingt in der Nähe einer stark befahrenen Straße liegt. So hält man die Schadstoffbelastung der gesammelten Kräuter möglichst gering. Nachdem man das Kraut nun eingesammelt hat, ist eine schnelle Weiterverarbeitung notwendig. Das heißt, die Brennnessel sollte entweder rasch eingefroren, getrocknet oder direkt in einem Rezept verarbeitet werden. Beispielsweise kann man Brennnesseln wunderbar als Wildgemüse im Topf blanchieren oder aus dem frischen Kraut einen schmackhaften Salat zubereiten. Nun stellst du dir wahrscheinlich zurecht die Frage, ob die Brennnessel denn nicht im Mund brennen würde? Tatsächlich sollte man, um dies zu vermeiden, die Pflanze vor dem rohen Verzehr kurz bearbeiten. Um die Brennhaare zu entfernen, kann man einfach mit dem Nudelholz oder einem ähnlichen Gegenstand über die Nesseln walzen. Alternativ kann das Kraut auch kurz in warmem Wasser baden und anschließend in einem Tuch getrocknet und ausgewringt werden. In beiden Fällen brechen die Härchen und die brennende Flüssigkeit tritt aus. Ist dies geschehen, kann die Brennnessel ganz schmerzfrei verzehrt werden. Wird das Kraut eingekocht, kommt es ebenfalls zu keiner Verletzung.
Möchte man die gesammelte Brennnessel lieber zu einem späteren Zeitpunkt verwenden, kann man diese entweder einfrieren oder trocknen. Allgemein lautet die Empfehlung alle krautigen Pflanzen einzufrieren. Gleiches gilt für Pflanzen, die reich an ätherischen Ölen sind. Blüten wiederum sollten getrocknet werden. Bei der Brennnessel ist beides möglich. Vor dem Einfrieren sollte das geerntete Kraut gewaschen, gut abgetrocknet und klein geschnitten werden. Zum Trocknen wiederum werden die Pflanzenteile bestenfalls möglichst luftig zu kleinen Sträußen gebunden und über Kopf an einem dunklen, trockenen und gut belüfteten Ort aufgehängt. Ist das Kraut vollständig getrocknet, knistert es, wenn man es zwischen zwei Fingern reibt. Dieser Prozess kann bis zu zwei Wochen dauern. Das trockene Kraut wird nun zerkleinert und zur Aufbewahrung in Schraubgläser gefüllt. Möchte man prinzipiell die Pflanzenteile lieber bereits fertig getrocknet erwerben, ist dies in einigen Bioläden, Teegeschäften, Apotheken oder auch online möglich. In diesem Fall ist es nur wichtig, auf die Bio-Qualität der Produkte zu achten. Um die wertvollen Inhaltsstoffe im getrockneten Kraut dann schlussendlich auch für den Körper verfügbar zu machen, können die Pflanzenteile zu einem Tee aufgegossen werden. Alternativ kann man daraus auch eine Tinktur herstellen und hat die Inhaltsstoffe dadurch in konzentrierterer Form zur Verfügung. Eine solche Tinktur eignet sich beispielsweise auch gut für eine äußerliche Anwendung. Je nachdem welche Behandlung gewünscht ist, variiert also auch die Anwendungsform.
Rezept Brennnessel-Tinktur selber machen
Eine Tinktur ist ein alkoholischer Auszug aus einer Heilpflanze. Zur Herstellung benötigt man daher zum einen die gewünschten Pflanzenteile (es kann die gesamte Pflanze verwendet werden) sowie ein sogenannter Ansatzalkohol. Damit du nun auch ganz einfach deine Brennnessel-Tinktur herstellen kannst, findest du im Folgenden die genauen Mengenangaben, die du zur Herstellung benötigst.
- 4-5 EL frisches oder getrocknetes Brennnesselkraut
- ca. 200 ml Ansatzalkohol (mindestens 40 % Vol., z. B. Wodka)
Damit du die Tinktur auch zubereiten und später verwahren kannst, benötigst du außerdem folgende Utensilien:
- sauberes Schraubglas oder Apothekerflasche
- Mullwindel, Kaffee- oder Teefilter zum Abseihen
- Tinkturflaschen oder Tropfflaschen aus Braunglas
Die Herstellung der Tinktur ist ganz einfach. Die Pflanzenteile gibst du in das Schraubglas oder in die Apothekerflasche. Nun füllst du das Behältnis mit dem Alkohol auf. Beachte dabei, dass alle Pflanzenteile vollständig bedeckt sein müssen. Anderenfalls gehst du das Risiko ein, dass sich Schimmel bildet. Die Mischung sollt nun an einem lichtgeschützten Ort für etwa vier Wochen aufbewahrt werden. Um die Schimmelbildung zusätzlich vorzubeugen und das Lösen der Wirkstoffe zu begünstigen, solltest du den Ansatz gelegentlich sanft schütteln. Ist alles gut durchgezogen, kannst du die fertige Tinktur am Ende durch die Mullwindel oder die Filter abseihen und zur Aufbewahrung in das dafür vorgesehene Gefäß aus Braunglas geben. Es ist deswegen so wichtig, dass es sich um Braunglas handelt, damit die Tinktur möglichst vor Sonneneinstrahlung geschützt ist. Diese können die Wirkstoffe nämlich langsam abbauen. Bei richtiger Lagerung ist die Brennnessel-Tinktur bis zu einem Jahr haltbar. Sie ist sowohl innerlich als auch äußerlich anwendbar.
Gibt es Risiken und Nebenwirkungen bei der Anwendung der Brennnessel?
An sich sind kaum Risiken und Nebenwirkungen bekannt, die durch die Einnahme von Brennnessel bedingt sind. Lediglich gelegentlich auftretende leichte Magen-Darm-Beschwerden sind als mögliche Nebenwirkungen bekannt. Falls es darüber hinaus zu weiteren unerwünschten Begleiterscheinungen kommen sollte, ist es in jedem Fall ratsam, die Einnahme zu unterbrechen und gegebenenfalls einen Arzt aufzusuchen. Eine Ausnahme, bei der man leider auf die Wirkung der Brennnessel gänzlich verzichten sollte, stellen Wasseransammlungen im Körper dar, welche durch eine eingeschränkte Herz- oder Nierenfunktion bedingt sind. Generell kann man sich bei Unsicherheiten in Bezug auf die Dosierung und Anwendungsform des Krautes dazu in der Apotheke beraten lassen.
Fazit
Die Brennnessel zählt wohl zu den ältesten Heilpflanzen und gleichzeitig auch zu den lästigsten. Abgesehen von dem brennenden Effekt, der lediglich zur Behandlung von Gelenkerkrankungen nützlich sein kann, hält die Brennnessel eine Menge an positiven Wirkungsweisen auf unseren Körper bereit. Bestätigt wurden einige davon auch bereits durch die Kommission E. So können die in der Brennnessel enthaltenen Wirkstoffe beispielsweise bei Harnwegsinfekten unterstützen sowie den Beschwerden durch gutartige Prostatavergrößerungen entgegenwirken. Darüber hinaus soll die Brennnessel sowohl durch eine innere als auch äußere Anwendung beispielsweise bei entzündlichem Rheuma helfen können. Zur Nutzung der heilenden Wirkung empfiehlt sich insbesondere ein Teeaufguss.
Selbst Haut und Haar können von den Inhaltsstoffen der Brennnessel profitieren. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, eine Brennnessel-Tinktur anzusetzen. Was in jedem Fall nicht sinnvoll ist, ist die ausschließliche Entsorgung der Brennnessel auf dem Kompost. Denn auch wenn man frei von jeglichen Beschwerden ist, stellt die Brennnessel ein schmackhaftes, heimisches und nach dazu gesundes Nahrungsmittel dar. Sie ist wahrlich eine echte Vitamin- und Mineralstoffbombe. Auch wenn man es kaum glauben mag, die Brennnessel enthält sechsmal so viel Calcium wie Milch. Zubereitet werden kann das Kraut beispielsweise als Gemüse oder frischen Wildkräuter-Salat. Möchte man auf die heilsame Wirkung der Brennnessel zurückgreifen, ohne sich zuvor selbst auf die Suche zu begebe, gibt es auch zahlreiche Phytopharmaka im Handel. Sie können sowohl das Kraut, als auch die Blätter oder die Wurzeln der Brennnessel enthalten und sind damit für unterschiedliche Anwendungsgebiete einsatzbereit. Was man jedoch immer bedenken sollte ist, dass pflanzliche Mittel nur eine begrenzte Wirkung haben. Ernstzunehmende Beschwerden sollten in jedem Fall von einem entsprechenden Facharzt oder einer Fachärztin untersucht werden.
“Altes Wissen”
Titelbild von snibl111 auf Pixabay