Anis-Biebernell
Anis-Biebernell
(P. Anisum)
Art der zur Familie der Doldenträger gehörenden Gattung Biebernell (Pimpinella), welch letztere sich durch einen verwischten Kelchrand, verkehrt-eirunde, ausgerandete, mit einem einwärtsgebogenen Läppchen versehene Blumenblätter kennzeichnet. Der gemeine Anis hat nur eine spindelige, wenig bezaserte kleine Wurzel, einen aufrechten, 30-40cm hohen ästigen Stengel, ziemlich lockere, fast flache, 9-15 strahlige Dolden mit weißen Blumen und eiförmigen Früchten, ist in Ägypten, Kleinasien und auf denm griechischen Archipel einheimisch und wird bei uns angebaut.
Die Früchte, eiförmiger Anis oder Anissamen genannt, sind bräunlich oder grünlich-grau mit helleren feinen Riefen, besitzen einen eigentümlichen, angenehmen, gewürzhaften, süßlichen Geschmack und enthalten als wirksamen Bestandteil ein ätherisches Öl. Je nach dem Orte ihres Ursprungs werden im Handel verschiedene Sorten unterschieden, nämlich: der Thüringer, Bamberger, mährische, böhmische, russische, spanische, französische, Malteser, und besonders der durch seine bedeutende Größe ausgezeichnete neapoli-tanische oder pugliefer (Puglia) Anis.
Anwendung
Der Anis wirkt erregend auf die Verdauungsorgane und die Schleimhaut der Luftwege, sowie blähungtreibend; daher wird er bei Erschlaffung und Schwäche in den Verdauungsorganen, Verschleimungen, Säure, Durchfall, Blähungen, Darmgicht, Krampfbeschwerden der Kinder, gegen chronische Katarrhe, Asthma, zur Förderung der Milchabsonderung, zur Verhinderung der Beschwerden anderer Arzneien, auch zur Verminderung der Blähungen, Verhütung des Kneipens von Abführmitteln, zur Auflösung bitterer Extrakte, bei langwierigen Blei- und Arsenikvergiftungen, bei Lähmungen, Geschwülsten und gegen Läuse angewendet. In gepulvertem Zustande ist er ein Volksmittel gegen den Schluchzer. Gegen Läuse, die sich bei vielen Kranken gerne auf dem Kopfe einfinden, rät Neil, das Haar abzukürzen, dasselbe täglich mit einer Bürste zu bürsten und von Zeit zu Zeit einige Tropfen Anisöl in die Bürste fallen zu lassen. Der Genuss des Anis wird säugenden Müttern zur Vermehrung der Milch empfohlen, bei Kindern ist er ein gutes Mittel, um die Würmer abzutreiben. Das ätherische Öl des Anis unter Branntwein gemischt, gilt auf Schiffen als ein treffliches Mittel gegen Skorbut. Bei Brustkrampf und Mangel an Auswurf ist der Anistee ein sehr schätzbares Hausmittel, der auch bei der Kolik der Kinder vortreffliche Dienste leistet. Man gibt das Pulver zu 1,25g-2,5g, den Aufguss zu 8g-16g ein, das Aniswasser nimmt man zu 2-3 Esslöffel in Gabe öfters zur Einhüllung anderer Arzneien, das Anisöl in 2-6 Tropfen ans Zucker; ferner verwendet man dasselbe zu Mixturen, Einreibungen und Klystieren; den Anisspiritus verordnet man in 8g. Gegen Schlaflosigkeit empfiehlt es sich, Anissamen zu kauen.
Aniswasser erhält man, indem man von 9 Teilen Wasser 6 Teile über 1 Teil Samen abtröpfeln lässt, oder man wirft 60g gestoßenen Anis, 30g Fenchel, 24g Zitronenschalen in 1 Liter guten Branntwein und 0,5 Liter Wasser, lässt es 8 Tage stehen und abtröpfeln und gibt dann noch 625g Zucker, 2 Liter Wasser und 1 Liter guten Branntwein dazu.
Anisgeist erhält man durch Auflösen und Abtröpfeln von 1 Teil Samen mit 6,5 Teil Weingeist und der nötigen Menge Wasser.
Zur Anistinktur nimmt man eine Mischung von 4,75g Anisöl und 2,25g. Sternanisöl in 5 Kilo Weingeist von 90% worauf man die Lösung mit 1,5 Kilo Wasser verdünnt und dann grün färbt.
Zur Anisessenz nimmt man 500g grünen, leicht gestoßenen Anis, der nicht zu frisch, aber auch nicht zu trocken ist, weicht ihn etwa 4 Tage hindurch in 1,5 Kilo Sprit von 30%, ein, gießt ihn, ohne auszupressen, ab, überschüttet den Bodensatz nochmals mit 2 Kilo schwachem Weingeist, lässt ihn ungefähr 5 Tage sich auflösen, gießt nach starkem Auspressen ab und seiht durch.
Anis wird auch häufig zu den so genannten Aniskuchen verwendet. 470g Zucker werden mit 4 ganzen Eiern 3/4 Stunden lang gerührt, hierauf 470g Weizenmehl mit einem Esslöffel voll gereinigten und gestoßenen Aniskörnern nach und nach darunter gemischt. Von dieser Masse werden Wallnuss große Häufchen auf ein mit Wachs bestrichenes Backblech, etwas entfernt von einander, gesetzt und bei sehr gelinder Wärme in ungefähr 3/4 Stunden gar gebacken. Sie müssen hellgelbe Farbe haben, und noch heiß vom Blech losgeschnitten werden.
In der Tierheilkunde wurde der Anis von jeher als ein so genanntes Brustmittel geschätzt und vorzüglich im letzten Stadium der in Genesung übergehenden Lungenentzündung oder vielmehr in der Wiedergenesung nach derselben, auch selbst im Verlaufe wirklich asthmatischer Lungenentzündung und bei allen schnupfenartigen Krankheiten mit diesem Charakter häufig angewendet. Er ist daher auch ein Bestandteil fast aller so genannten Drusenpulver und Drusenlatwergen, in welchen er nach Prof. Hertling’s Ansicht häufig missbraucht wird, wenn nämlich die Anwendung zu früh, d. h. noch während der Entzündungsperiode stattfindet. Ebenso gebraucht man ihn bei Unverdaulichkeit, bei zu starker Entwicklung von Blähungen, bei Wind- und Krampfkolik, bei krampfhaften Harnverhaltungen, bei Durchfällen u. Doch dürfen diese krankhaften Zustände nicht mit einem zu hohen Grad von Schwäche und Reizlosigkeit verbunden sein.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 30g-90g, für Schafe und Schweine 7,5g-15g, für Hunde 1g-4g. Das Mittel ist in Pulverform, in Latwergen, Pillen und im Aufguss anwendbar und wird nach Umständen mit Salmiak, Kalomel, Schwefel, Spießglanz, Wachholderbeeren, Terpentin u. s. w. verbunden. Auch setzt man den Anis zuweilen als Nebenmittel zu den Arzneien, besonders zu Pulvern, um ihren Gebrauch zu verbessern, weil er den meisten Tieren angenehm ist und von ihnen gern gefressen wird. Dies gilt namentlich von den Pferden und Tauben.
Bildnachweis: By Marc Troubat (Own work) [GFDL or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
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