Ölbaum
(Olea)
Mit kleinem, 4zähnigem, hinfälligem Kelche, trichterig radförmiger Blume mit 4spaltigem Saum und einer saftigen Steinfrucht, welche eine 1 – 2-fächerige, 1 – 2samige, beinharte oder papierartige und zerbrechliche Steinschale hat.
Echter Ölbaum, gemeiner Olivenbaum
(O. europaea)
Ist ein immergrüner, vielastiger, im wilden und verwilderten Zustand dorniger Strauch, der im kultivierten Zustand sich zu einem 8 – 12 Meter hoch werdenden Baume umgestaltet, dessen Stamm und ältere Äste eine greisgraue, während die jüngeren Zweige eine grünlich silbergraue, warzige Rinde haben. Die starren, stachelspitzigen oder unbespitzten Blätter sind oberseits dunkelgrün, matt, unterseits weißgraulich bis rostbräunlich schülferig, selten grünlich. Die kleinen Blumen sind weißlich und die verschieden großen Früchte sind länglich rund, aber auch eiförmig, verkehrt eiförmig bis kugelig, dabei dunkelgrün, in’s bräunliche, schwärzliche, violette, seltener in’s rötliche oder weißliche übergehend. Als Hauptformen unterscheidet man hierbei:
Wilder Ölbaum
(O. Sylvestris)
Strauchig mit deutlich 4seitigen, dornspitzigen Ästchen, kürzeren, stumpferen Blättern und kleineren Früchten. Es ist dies die ursprüngliche oder verwilderte Form.
Zahmer Ölbaum
(O. culta)
Ist mehr baumartig, dornlos, hat schwachkantige Ästchen, längere, mehr lanzettliche Blätter und meist größere Früchte. Von dieser Form gibt es wieder verschiedene Spielarten.
Im Oriente, namentlich in Palästina einheimisch, wurde er von dort schon in den frühesten Zeiten nach den übrigen Ländern des Mittelmeers verpflanzt, wodurch er in diesen bis zum Süden Deutschlands und der Schweiz verwildert ist. Blüht im Mai und Juni. Das aus dem Fleische der Früchte, Oliven, gewonnene fette Öl, Olivenöl oder Baumöl ist gebräuchlich.
Von diesem Baumöl gibt es natürlich nach Boden, Klima, Baumart verschiedene Sorten, von welchen sich für den Arzneigebrauch zunächst zwei Sorten unterscheiden lassen:
- Das Provenceröl, bestes Olivenöl von weißer oder gelblich weißer Farbe, geruchlos und von reinem, mildem Geschmack, welches durch kaltes Auspressen der völlig reisen Früchte erhalten wird, und wovon das reinste, nur durch gelindes Pressen erhaltene Öl den Namen Jungfernöl führt. Das beste Provenceröl kommt von Air. Die mit der Hand gepflückten und von den Kernen befreiten Oliven werden kalt gepresst, es ersetzt in südlichen Ländern das tierische Fett beinahe vollständig. Bei Insekten- oder Schlangenstichen ist es ein sehr gutes Mittel.
- Das gemeine oder ordinäre Baumöl, von grünlich- oder bräunlich-gelber Farbe und von einem mehr oder weniger unangenehmen, oft etwas ranzigen Geruch und Geschmack, wird durch heißes Auspressen zumTeil aus dem mit kochendem Wasser übergossenen Rückstände des Fruchtfleisches gewonnen. Nur die erste reine Sorte darf zum innerlichen Gebrauche verwendet werden.
Anwendung
Das reine Baumöl wird innerlich als einhüllendes, reizminderndes, erschlaffendes, die Absonderungen vermehrendes Mittel, bei entzündlichen Zuständen verschiedener Art, besonders des Darmkanals, sowie bei Verstopfungen, zumal in der Bleikolik, zur Einhüllung scharfer Stoffe, namentlich bei Vergiftungen, in Pflanzenmilchform, für sich oder auch mit Fleischbrühe verordnet. Äußerlich dient es zu Einreibungen, um die Haut geschmeidig zu machen, die Ausdünstung zu vermehren und Spannung und Schmerz in Geschwülsten zu vermindern. Es wird zum äußerlichen Gebrauch allein, häuslicher aber als Grundlage von gekochten Ölen, Salben und Pflastern gebraucht. Im Gewerbe wird es in der Seifensiederei, Ölmalerei, zur Herstellung von Buchdruckfarben etc. verwendet. Baumöl mit Wermut gemischt und in die Fugen und Ritzen der Breiter, wo sich Wanzen aushalten, gestrichen, vertilgt die schlimmen Gäste bald und gründlich.Bei Verbrennungen, namentlich bei starken, ist das Baumöl das beste Mittel, und meistens auch rasch zur Hand. Man bestreicht die verbrannten Stellen damit, worauf fast sofort Kühlung und Linderung der Schmerzen eintritt. Gegen Husten mische man 2 Eigelb und Baumöl tüchtig untereinander, rühre eine Portion Kandiszucker darunter und nehme morgens und mittags 2 Kaffeelöffel voll davon. Ein in vielen Zeitungen angepriesenes Mittel gegen Epilepsie (fallende Krankheit), besteht trotz seines hohen Preises lediglich ans 3 Teilen Baumöl und 1 Teil Zucker. Dass das Mittel nichts hilft, kann man sich denken. Um den Bandwurm sicher abzutreiben, wird folgendes Mittel empfohlen: Der damit Behaftete genießt drei Tage lang nur eine magere Fleischbrühsuppe mit einigen gerösteten Brotschnitten darin, man soll nur soviel essen, daß der Hunger notdürftig gestillt ist. Am vierten Tage nimmt man morgens nüchtern 3 Esslöffel voll gutes reines, am besten aus der Apotheke bezogenes Baumöl ein, und lässt sich etwa 10 Minuten später ein aus lauwarmer, frischer Milch bestehendes Klystier geben. Der durch die Hungerkur ohnedies nicht angenehm berührte Bandwurm, dein das Baumöl vollständig zuwider ist, wendet sich nach seiner Lieblingsnahrung, der Milch im Mastdarme und zieht ab. Sobald er zum Vorschein kommt, setzt sich der Patient auf den Nachtstuhl, in dem lauwarmes Wasser parat gehalten ist, und wartet unter fortgesetztem Wassertrinken, bis der Wurm abgeht. In den meisten Fällen geht der schlimme Gast vollständig samt dem Kopfe ab, und der Patient ist von seinem Leiden befreit.
In der Tierheilkunde wird das Olivenöl häufig angewendet. Man empfiehlt es gegen Darmentzündung der Pferde in Verbindung mit schleimigen Flüssigkeiten, dann bei Koliken der Wiederkäuer, bei krampfhaftem, trockenem Husten der Hunde (einen halben bis einen ganzen Esslöffel voll). Bei schmerzhaften Mundschwämmchen der Kälber und Lämmer gibt man mit Rutzen täglich 2 mal einen kleinen Esslöffel voll Baumöl, sorgt aber dabei für Reinlichkeit und gesundes Futter. Bei Entzündungen des äußern Gehörorgans, welche von heftigen Schmerzen und von Ausfluss einer fressenden Jauche begleitet sind, bewirken einige Tropfen reinen Baumöls schnelle Milderung der Zufälle, wenn auch nicht wirkliche Heilung. Ebenso mindert es die Spannung und den Schmerz bei Stichwunden, wenn es auf die umliegenden Teile gelind eingerieben wird, und bei Stichen und Bissen von Insekten und Nattern gehört das Baumöl zu den vorzüglichsten Heilmitteln. Das Baumöl als Speiseöl bildet in Italien, Frankreich, Spanien und der Gerberei einen bedeutenden Handelsartikel. – Das Harz, welches aus älteren Stämmen des Ölbaums schwitzt und einen vanilleähnlichen Geruch besitzt, dient in ganz Italien als Räucherungsmittel. Das Holz des Ölbaums nimmt eine schöne Politur an, es zeigt auf grünlich gelbem Grunde schwarze wolkige Flocken und Adern, und wird deshalb hauptsächlich zur Fertigung von feinen Tischler- und Drechslerarbeiten verwendet. Das Wurzelholz enthält nicht selten Zeichnungen, die dem florentinischen Ruinenmarmor ähneln, weshalb man aus dem- selben hauptsächlich feine und kostbare Tabaksdosen fertigt.
[Bildnachweis: OlivenReif. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons.]
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