Nieswurz
Nieswurz
(Helleborus)
Gattung der Familie hahnenfußartige Pflanze mit 5-blättrigem, oft gefärbtem, blumenartigem und bleibendem Kelche und 5 – 10 benagelten, mit einer röhrigen, meist 2lippigen, nektar führenden Platte, versehenen Blumenblättern. Auf die Blüten folgen hülsenförmige, 3 – 10 getrennt sitzende, in der ganzen Bauchnaht aufspringende, vielsamige Früchtchen.
Schwarze Nieswurz
(H. niger)
Christblume, Weihnachtsblume, Winterrose, Schneerose. Die aufrechten, 9 – 18 cm hohen, stielrunden, kahlen, meist gleich den Blattstielen purpurrot punktierten und gefleckten, am Grunde mit mehreren häutig lederigen Schuppen umgebenen Blütenschäfte sind gewöhnlich etwas kürzer als die Blätter, letztere sind oberseits dunkelgrün und unterseits bleicher. Die länglich runden Kelchblätter sind stumpf, oder spitzlich, häufig am Grunde grünlich und außen meist rot überlaufen. Die Blumenblätter, welche kürzer als die Staubfäden sind, erweitern sich nach oben allmählich, sind meist ungleich lippig, grünlich gelb und ihr stielförmiger Nagel ist 1/3 so lang als die Platte. Wächst in schattigen Wäldern der niedrigeren Gebirge und Voralpen, im südlichen und mittleren Europa, besonders in Oberösterreich, Salzburg, Krain und Steiermark. Blüht vom Dezember bis März.
Gemeine Nieswurz
(H. viridis)
Hat einen aufrechten, ¼ – ¾ Meter hohen, kahlen, unten mit einigen häutigen Schuppen besetzten, sonst nackten Stengel, der nur am Grunde seiner 2 – 3 Äste und 3 – 5 Blütenstiele mit einzelnen Blättern versehen ist, welch letztere fast sitzend, oder scheidig umfassend und 3 – 5teilig sind. Die weit größeren Wurzelblätter sind oberseits sattgrün, unterseits blässer und stark glänzend. Die breit eiförmigen Kelchblätter sind stumpf und kurz bespitzt. Die kreiselförmigen, zusammengedrückten Blumenblätter, die weit kürzer als die Staubgefässe, sind kurz gestielt, durch ihre einwärts gerollten Lippen geschlossen und gelblich grün. Die 3 – 5 Früchtchen sind denen der vorigen Art ähnlich. Wächst in Wäldern und Gebüschen des mittleren Europas. Von beiden Arten kommt der Wurzelstock als schwarze Nieswurz im Handel vor. Der Wurzelstock der schwarzen Nieswurz ist im trockenen Zustande schwarzbraun, federspul- bis kleinfingerdick, 5 – 12 cm lang und in viele kürzere und längere, meist mehrköpfige Äste geteilt. Er ist ferner mit diesen verschiedentlich gebogen, walzig, ringartig gegliedert und stellenweise kantig, schwach gerillt, und nach allen Seiten mit zahlreichen, 18 – 36 cm langen, strohhalmdicken, gegen die Spitze etwas astigen, längsrunzeligen, ebenfalls schwarz-braunen Zasern besetzt, welche an den verkäuflichen Wurzeln gewöhnlich zopfartig zusammengeflochten sind. Der Querschnitt des Wurzelstocks ist weißlich, zeigt einen Kreis von punktförmigen, oder auch mehr strahlenförmigen Gefäßbündeln unter der etwas dunklen Rinde, dabei ist er ziemlich hart und fest, von alten Pflanzen aber im Innern nicht selten porös. Die Zasern sind zerbrechlich, innen weißlich, zum Teil auch graulich, hornartig, mit hellerem Kerne. Die Äste des Wurzelstocks tragen auf ihrem Ende eine oder mehrere Narben, welche an sich wenig oder gar nicht vertieft, meist schwärzlich, oft fast strahlig uneben, dabei aber von dem Zurückgebliebenen, scheidigen Blattstielgrunde umgeben sind und dadurch schüsselförmig erscheinen. Der Geruch ist schwach, etwas widerlich, der Geschmack anfangs süßlich, dann scharf reizend, beißend und wenig bitterlich. Er enthält ein scharfes Weichharz und bitteren Auszugstoff. Der trockene Wurzelstock von der grünen Nieswurz ist dem vorigen zwar ähnlich, aber im allgemeinen von etwas hellerer, mehr umbra-brauner Farbe, seine Wurzelzasern sind meist dünner und weniger runzelig. Der Hauptunterschied zwischen beiden Wurzelstöcken liegt aber i n den Narben der Astfortsätze, welche bei diesem weniger uneben, an sich schon schüsselförmig vertieft und ohne die kurz scheidige Einfassung sind. Außerdem besitzt die ganze Wurzel einen stärker beißenden, länger anhaltenden, zugleich stark bitteren Geschmack.
Anwendung
Die schwarze Nieswurzel von beiden angegebenen Arten ist ein scharfes, stark abführendes und Brechen erregendes, in geringeren Gaben erregend auf den Darmkanal und die übrigen Unterleibsorgane wirkendes, und einen raschen Stoffwechsel beförderndes Mittel, welches bei Erschlaffung der Verdauungsorgane, bei Stockungen im Pfortadersystem und den dadurch bedingten, zumal veralteten Krankheiten, namentlich Fallsucht und Geistesstörungen, dann Gelbsucht, Leberverhärtung und Wassersucht, ferner bei Wurmkrankheiten, sowie äußerlich bei krätzeartigen Hautübeln, und langwierigen Ausschlägen, im allgemeinen jedoch viel seltener wie früher, angewendet wird. Die Formen, in welchen sie verordnet wird, sind das Pulver und der weingeistige Auszug, seltener der wässerige Aufguss oder die Tinktur.
In der Homöopathie kommt die aus der frischen oder getrockneten Wurzel bereitete Tinktur bei Wassersucht und Trübsinn, ferner bei schleichenden Nervenfiebern, einseitigem Kopfweh, Gesichtsschmerz, Gicht, Wasserkopf, Asten, Cholera, Brustwassersucht in Anwendung.
Man gibt 1. oder 2. Verdünnung oder 1 Tropfen der Urtinktur.
In der Tierheilkunde wendet man die schwarze Nießwurzel innerlich bei Pferden und Rindern in der Gabe von 1,75 — 3,75 g, bei Schafen in der Gabe von 1 —1 ½ g bei hartnäckigen Verstopfungen, bei Wassersuchten und Dummkoller an. Hunden gibt man 0,05 – 0,5 g, Schweinen 1 – 1,5 g bei andauernden Verstopfungen, Darmwürmern, und bei der Bräune. Hierbei hat man jedoch darauf zu sehen, dass keine Spur von Reizung oder Entzündung der Magen- oder Darmschleimhaut vorhanden ist. In einer ungefähr um das vierfache kleineren Gabe wird sie allen diesen Haustieren bei Trägheit des Darmkanals, und, um die Absonderungen und die Aufsaugung zu befördern, verabreicht. Man gibt dieses Mittel entweder i n Pulver-, Pillen- oder Latwergenform, oder mit heißem Wasser Übergossen, oder, insbesondere für Hunde und Schweine, mit Milch oder Kleientrank zusammengerührt. Auch mit anderen abführenden oder mit bitteren aromatischen Mitteln wird das- selbe, je nach dem Zwecke, den man erreichen will, verbunden. Äußerlich ver- wendet man die Wurzel als ableitendes Mittel und nimmt hierzu einige Wurzelfasern, ungefähr 3,75 g, welche man, nach dem sie vorher etwa ¼ Stunde lang in kaltem Wasser eingeweicht worden sind, durch eine kleine Hautwunde in das Unterhautbindegewebe einschiebt oder auf ein schmales Band aufnäht und nach Art eines Haarseils einzieht. – Gill-, Christ- oder Nieswurzstecken.
Eine Abkochung dieser Wurzel, 30 g auf 1 Liter Wasser gerechnet, wird zum Töten der Läuse und als Heilmittel gegen Räude empfohlen. Zu letzterem Zwecke kann auch das Pulver der Wurzel, mit Fett oder Seife verrieben, benutzt werden.
Die homöopathischen Tierärzte wenden die schwarze Nieswürze in der Rinderpest, bei der Ruhrseuche der Rinder und der Darmseuche der Lämmer und Jährlinge, bei wassersüchtigen Anschwellungen, wie auch bei Bauchwassersucht, dann bei Schwindel und Koller der Pferde an.
Sie geben 3. – 6. Verdünnungen.
Bildnachweis: By Kurt Stüber [1] [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
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