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Rhabarber

Rhabarber

Rhabarber

(Rheum)

Gattung der Familie Gelenkscheidler, mit zwitterigen Blüten, gefärbter, 6-teiliger, verwelkender Blütenhülle, deren drei äußeren Zipfel wenig kleiner, als die inneren sind. Die 3-flügelige Nuss ist am Grunde von der verwelkten Blütenhülle umgeben. Es sind krautige Pflanzen, mit starken, astigen, fleischigen Wurzeln und zahlreichen buschigen, großen, gestielten Wurzelblättern. Die aufrechten, wenig beblätterten Stengel sind mit trocken häutigen Tuten besetzt und endigen in eine aus zusammengesetzten, büschelblütigen Trauben bestehende Rispe.

Handblättrige oder wahre Rhabarber

(R. palmatum)

Hat 1 – 2 Meter hohen, fein gerillten, kahlen Stengel, 45 – 60 cm lange und breite, von 30 – 45 cm langen Blattstielen getragene Blätter, die oberseits trüb graulich grün, matt und unterseits graugrün, mit stark vorspringenden Nerven und Adern ausgestattet und beiderseits kurzhaarig, rau und am Rande schärflich sind. Die Stengelblätter dagegen sind kleiner, kürzer gestielt, weniger tief gespalten und eingeschnitten. Die abstehenden, hin- und hergebogenen Rispenäste sind fein knotig raulich. Die sehr kleinen, nicht viel über 1 mm im Durchmesser haltenden Blüten sind gelblich weiß und die auf sie folgenden Früchte im Umrisse oval, meist etwas ins viereckige neigend, sind ungefähr 1,5 mm lang und kaffeebraun. Wächst auf den Gebirgen der chinesischen Tartarei und blüht in unseren Gärten im Mai und Juni.

Wellenblättrige Rhabarber

(R. undalatum)

Hat 1 – 2 Meter hohe, schwach gefurchte, kahle Stengel und an der Spitze mehr oder weniger verschmälerte, stumpfe Blätter, die oberseits ziemlich kahl, glatt und schwach glänzend, reiner grün und unterseits heller, kurzhaarige auf den stark vorspringenden Nerven und Hauptadern rau, und am Rande kurzhaarig bewimpert sind. Die sehr großen, 45 – 60 cm langen Wurzelblätter sitzen auf ebenso langen, finger- bis daumendicken Blattstielen, ihre Nerven sind in der Bucht am Grunde nackt und fast waagrecht, daher die beiden Lappen des Blattgrundes vom Blattstiele entfernt sind. Die Stengelblätter sind kleiner, und die obersten nahezu, sitzend. Die aufrechten oder aufrecht abstehenden Rispenäste sind gerade und kahl, die kleinen, 3 mm im Durchmesser haltenden Blüten sind weißlich und die darauf folgenden Früchte sind im Umrisse eirund, an beiden Enden abgerundet, 1 ½ mm lang, schwärzlich braun, und mit rotbraunen Flügeln versehen. Wächst ebenfalls in der chinesischen Tartarei und blüht bei uns in den Gärten im Mai.
Diese beiden Arten liefern, wenn nicht allein, so doch in hervorragender Weise, die im Droguenhandel vorkommende Rhabarberwurzel.
Jede echte Rhabarberwurzel kommt aus China, sie gelangt aber aus Verschiedenen Wegen zu uns und demgemäß unterscheidet man zwei Sorten.

  1. Die russische, oder moskowitische Rhabarberwurzel

    Kron-Rhabarber, oder Rhabarber, welche über Kiachta, einem sibirischen Handelsorte, wohin sie aus China alljährlich von bucharischen Kaufleuten gebracht, von russischen Beamten ausgewählt und stückweise gereinigt und geschält wird, sodann nach Moskau und Petersburg gelangt, wo selbst sie dann nach nochmaliger Untersuchung in den Handel übergeht. Früher war sie Monopolware, jetzt ist sie frei, aber sehr selten. Sie besteht aus geschälten, 6 – 24 cm langen, teils mehr walzigen, Oder weil sie mit dem Messer ausgeschnitten wurden, etwas kantigen und eckigen, teils aus stachen oder plankonvexen Stücken von verschiedener Breite und Dicke, meist mit großen 9 – 15 mm weiten und weiteren Bohrlöchern versehen, welche durch das Ausschneiden der verdorbenen braunen Ränder der ursprünglichen Bohrlöcher entstanden sind. Die Stücke sind hart, ziemlich schwer, außen mit einem ockergelben, leicht abwischbarem Staub belegt und unter diesem weiß und rötlich geädert, auf dem unebenen Querbruch sind sie gelb und braunrot gemasert, nehmen beim Befeuchten eine pomeranzengelbe Farbe an und geben beim Zerstoßen ein hochgelbes Pulver. Sie haben einen eigentümlichen unangenehm gewürzhaften Geruch und einen widerlichen, etwas herb bitterlichen Geschmack, knirschen beim Kauen zwischen den Zähnen und färben den Speichel stark gelb. Jodtinktur färbt das Pulver dunkelgrün. Dieses ist die beste, aber auch teuerste Sorte.

  2. Die chinesische Rhabarberwurzel oder Rhabarber

    welche zur See bis jetzt von Kanton nach Ostindien und von dort nach Europa gebracht wird, wird deshalb auch indische Rhabarber genannt. Die Stücks sind gelber, weniger kantig und eckig, als bei der vorigen Sorte, sonst ebenfalls walzig oder walzig kegelig runde chinesische Rhabarber, 6 – 9 cm lang, 3 – 6 cm dick, nicht selten auch plankonvex, platte chinesische Rhabarber, meist gegen 9 cm lang und breit. Die einen, wie die anderen Stücke sind außen etwas blässer, mit einem ähnlichen abwischbarem Staub belegt, ohne Löcher oder nur mit einem engen, am Rand befindlichen Loch zum Aufhängen beim Trocknen durchbohrt. Auf dein Querbruch ähneln sie der ersteren Sorte, jedoch zeigen sie oft einen mehr weißem Grund mit mehr in’s braune ziehenden Adern. Sie besitzen im allgemeinen einen etwas schwächeren Geruch, knirschen gleichfalls sehr stark zwischen den Zähnen, färben jedoch beim Kauen den Speichel weniger stark gelb und ihr Pulver wird von Jodtinktur meist nur braun gefärbt.

Beide Sorten enthalten als eigenartige Bestandteile einen gelben, nach Rhabarber riechenden und schmeckenden Auszugs – Bitterstoff – Rhabarberbitter oder Schleim – und einen kristallinischen geruchs- und geschmacklosen Stoff von hochgelber Farbe das Rhabarbergelb.




Anwendung

Die Rhabarberwurzel ist ein sehr geschätztes und allgemein gebräuchliches Mittel, welches kräftigend auflösend auf die Verdauungsorgane und überhaupt erregend auf das gesamte Verwandlungsgeschäft, in größeren Gaben aber abführend wirkt. Sie zeigt sich bei Durchfällen und Ruhren, wie bei Stockungen und Verschleimung in den Unterleibsorganen, bei Magensäure, langwierigen Leberleiden und Hämorrhoiden, ferner bei Herzkrampf und schlechter Verdauung, zumal auch für das kindliche Alter, bei Milzkrankheiten, von Nutzen. Außer dem Pulver, für sich oder in Pillen, Latwergen, Mixturen sind noch mehrere Präparate, der weingeistige Auszug, die wässerige Tinktur und verschiedene zusammengesetzte Mittel in Gebrauch.

Man gibt das Pulver in voller Gabe zu 1 – 2 g, in kleiner Gabe 2 – 3mal des Tages. Der Aufguss wird aus 8 – 16 g auf 90 – 120 g Wasser bereitet. Zur Verbesserung des Geschmackes versetzt man ihn gewöhnlich mit einem Ölzucker, sonst bedient man sich der Rhabarber in flüssiger Form. Die eben angegebene, wässerige Tinktur erhält man, indem man 12 g zerschnittener, chinesischer Rhabarber und 4 g kristallisiertes, kohlensaures Natrum mit 240 g abgetröpfeltem Wasser einige Minuten aufkocht, und nach dem Erkalten durchseiht. Die weinige Tinktur, auch Darellische Tinktur genannt, bereitet man, indem man 60 g gestoßene, chinesische Rhabarber, 15 g Pomeranzenschalen, 8 g gestoßene, kleine Kardamomen und 960 Gr. Malagawein 3 Tage hindurch auflöst, hierauf auspresst, dann 90 g gepulverten, weißen Zucker darin löst, und schließlich durchseiht. Man wendet beide selten als Abführmittel, sondern meistens als Magenmittel an und nimmt einige mal des Tages einen Kaffeelöffel voll davon. Der Rhabarbersyrup besteht aus 30 g Cichorienblätter, ebenso viel Cichorienwurzel, 120 g Rhabarberwurzel und 6 g reinem, kohlensaurem Kali, diese werden eine Stunde lang mit 2400 g heißem Wasser aufgegossen. Zur stark ausgepressten Durchseihung von 1920 g setzt man 2880 g weißen Zucker zu, klärt die Flüssigkeit und kocht sie zum Syrup ein. Man gibt ihn Kindern zu 1 – 2 Kaffeelöffel voll, bis Wirkung erfolgt. Den Auszug nimmt man zu ¼ – ½ g.

In der Homöopathie wird die Rhabarber gegen Störungen der Verrichtung des Darmkanals bei Kindern und Erwachsenen und vorzugsweise gegen die in dem frühesten Lebensalter und der Zahnperiode umkommenden Durchfälle, die meist von naturwidriger Ernährungsweise, Erkältungen herrühren und, vorzugsweise mit übermäßiger Säureerzeugung im Magenmunde, Leibschneiden, Störung der Nachtruhe u.s.w. verbunden sind, mit sehr schnellem Erfolge angewendet.
Man gibt 1 – 2 Tropfen der 1., 2., 3. Verdünnung und wiederholt diese Gabe, wenn es die Umstände erheischen, alle 4, 6, 12 Stunden.

In der Tierheilkunde verabreicht man die Rhabarberwurzel in geringen Gaben, wie die bitteren Mittel im allgemeinen, bei langwierigen Magen- und Darmkatarrhen und den dadurch bedingten Zufällen und bei der Ruhr, insbesondere junger Tiere, namentlich der Kälber und Lämmer, und hier gewöhnlich mit Magnesia und Opium, dann bei aufgedunsenen Krankheiten, wie bei der Bleichsucht der Schafe u.s.w. Man gibt zu diesem Zwecke Pferden und Rindern 7 – 15 g, Schafen, Ziegen und Schweinen 1 ¾ – 7 ¼ g, Hunden und Katzen ¼ – 1 g, einige mal des Tages, entweder für sich allein, oder mit säuretilgenden, wohlriechenden, oder betäubenden Mitteln, in Pulver, Latwergen, oder Aufgüssen. Als Abführmittel wird sie bei großen Haustieren wegen des hohen Preises und der verhältnismäßig geringen Wirkung nicht, dagegen bei Hunden und Katzen in der Gabe von 3 ¾ – 11 ¼ g verordnet.
Außer diesen beiden angegebenen Arten sind noch nachstehende Rhabarber-Arten zu erwähnen, die ebenfalls, wie die bereits genannten, echte Rhabarberwurzeln liefern.

Dichtblütige Rhabarber

(R. compactum)

Hat 1 – 1 ½ Meter hohe Stengel mit Blättern, welche oberseits kahl, glatt, sattgrün und glänzend, unterseits blässer, von weißlichen, körnerförmigen und unter der Lupe erkennbaren Knötchen, kaum raulich, am Rande aber von etwas längeren Knötchen gewimpert schärflich sind. Die Nerven bei den Wurzelblättern sind am Grunde nackt und etwas hervorgezogen, kaum aber bei den Stengelblättern, von welchen die obersten kurz gestielt sind. Besonders gekennzeichnet ist diese Art durch die dichtblütigen, oben übergebogenen Rispenäste und durch die, gegenüber den anderen Arten größeren Blüten. Wächst gleichfalls in China, oder der Mongolei.

Bastard-Rhabarber

(R. hibridum)

Kommt in der Größe der vorigen Art gleich, ihre Blätter sind von einer trüb graubraunen Farbe, meist runzelig, zugespitzt, beiderseits kurzhaarig rau, die Nerven der Wurzelblätter sind am Grunde nackt, die Rispenäste abstehend und die Blüten grünlich weiß. Das Vaterland dieser Art ist nicht bekannt.
In manchen Gegenden von England, Frankreich und Österreich, namentlich von Mähren, werden die dichtblütige, die wellenblättrige und Bastard-Rhabarber im großen angebaut, deren Wurzeln die englische, französische und deutsche Rhabarberwurzel liefern, welche, oberflächlich betrachtet, teilweise Ähnlichkeit mit der echten russischen Rhabarberwurzel haben, was namentlich von der englischen gilt. Sie besitzen aber im allgemeinen eine blässere Farbe, einen nur schwachen, rhabarberartigen Geruch, einen mehr herben, zum Teil schleimigen Geschmack, färben beim Kauen den Speichel weniger intensiv gelb und knirschen wenig oder gar nicht unter den Zähnen. Da man nur in England die Wurzel ein gewisses Alter erreichen zu lassen scheint, so kommen die englischen Rhabarberwurzeln in ebenso dicken Stücken, wie die moskowitische, vor und gleichen auch im Äußern dieser am meisten, während die in Frankreich und Deutschland gewonnenen Wurzeln in der Regel aus kleinen, walzenförmigen Stücken bestehen und viel leichter als unecht zu erkennen sind, da man denselben weder die zur vollkommenen Ausbildung erforderliche Zeit lässt, noch die gehörige Sorgfalt beim Ausgraben, Zubereiten und Trocknen anwendet.




Anwendung

Die Wurzeln der beiden eben genannten Arten werden namentlich in der Tierheilkunde verwendet.

Pontische Rhabarber

(N. rhaponticum)

Rhapontik, stimmt in Größe und Tracht mit der wellenförmigen Rhabarber nahezu überein, nur ist der Stengel stärker gefurcht, die Blätter, außer der auch an den oberen keilförmig in den Blattstiel übergehenden Mitte des Grundes, weniger wellig, und der Blattstiel anders gestaltet. Die weißlichen Blüten sind von derselben Größe, und die Früchte im Umrisse fast viereckig, so breit wie lang, breit geflügelt und an beiden Enden ausgerandet. Wächst im südwestlichen Sibirien, auf der Ural- und Altaikette.
Blüht, bei uns angepflanzt, im Mai und Juni.
Von dieser Art, welche ebenfalls in manchen Gegenden Deutschlands, in größerer Ausdehnung aber in Frankreich und Ungarn angebaut wird, erhält man die echte Rhapontikwurzel. Dieselbe kommt im Handel in walzen- oder spindelförmigen, mehr oder weniger vollständig geschälten, 9 – 24 cm langen und 1 ½ – 3 ½ cm dicken Stücken vor. Dieselben sind außen meist breit runzelig, weißlich, in’s fleischrötliche ziehend, oder schmutzig gelblich, stellenweise fein bräunlich rot marmoriert, oder gesprenkelt, an den ungeschälten Stellen aber rotbraun, oder rostbraun. Auf dem Querschnitte zeigen sie eine äußere, ringförmige, zum Teile ablösbare Schichte und einen weißlichen, oder gelblichen, mit braunroten, strahligen Streifen durchzogenen, ziemlich weichen Kern. Der Geruch ist sehr schwach rhabarberartig, der Geschmack ebenso, aber mehr zusammenziehend, zuweilen auch etwas süßlich. Beim Kauen bemerkt man kein Knirschen zwischen den Zähnen, auch färbt sich der Speichel kaum gelblich. Von der Jodtinktur wird das Pulver braun gefärbt. Die Rhapontikwurzel enthält, neben Gerbstoff und vielem Stärkemehl,
als hauptsächlichste Bestandteile Rhabarberbitter und einen krystallinischen Stoff Rhaponticin genannt.

Anwendung

Die Rhapontikwurzel besitzt eine weit geringere Wirksamkeit, als die echte Rhabarberwurzel, weshalb sie gegenwärtig nur noch in der Tierheilkunde verwendet wird.

Bildnachweis: Magnus at the German language Wikipedia [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

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