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Roggen

Roggenähre

Roggen

(Secale)

Gattung der Familie Gräser mit einzelnen, auf den Gelenken der Spindel sitzenden Ährchen, deren eine Seite gegen letztere gerichtet ist. Sie sind 2-blütig, mit einem gestielten Ansätze zu einer dritten Blüte. Der Balg ist 2-klappig, die Klappen zweiseits wendig, schmal, pfriemlich und die Bälglein fast gegenständig, 2-spelzig, von welchen die untere Spelze in eine Granne sich verschmälert.

Gemeiner Roggen

(S. cereale)

Winterroggen, Korn, hat eine zaserige Wurzel, 1 – 1 ¼ Meter hohe, oberwärts flaumige Halme, deren flache Blätter unterseits glatt, oberseits schärftich und seegrün sind. Die 9 – 18 cm langen Ähren sind dicht dachig und die Ährchen von den Seiten zusammengedrückt. Die Balgklappen sind lang zugespitzt. Die untere Spitze ist kielig zusammengedrückt, oberwärts am Rande und auf dem Kielnerve kammartig gewimpert, lang begrannt mit auswärts scharfer Granne. Die nackten Früchte sind fast stielrund, vorn mit einer Längsfurche versehen, oben gestutzt, nach unten verdünnt, mehlig oder etwas hornartig. Sein Vaterland ist nicht bekannt, er wird aber in Europa, Asien und Nordamerika als Sommer- und Wintergetreide gebaut. Blüht im Mai.
Die gemahlenen Früchte liefern das Roggenmehl. Dasselbe ist weniger weiß, aber von etwas größerer Dichtigkeit als das Gersten- und Weizenmehl, hat sonst aber ganz dieselben Eigenschaften. Es enthält außer dem vorwiegenden Stärkemehl, Kleber-Gummi, Schleimzucker und Eiweißstoff.



Anwendung

Das Roggenmehl wird nach älteren Vorschriften den Senfteigen zugesetzt. Dasselbe geschieht auch zuweilen mit dem, in die weinig saure Gärung übergegangenen Teige oder dem Sauerteige. Das Mehl und die beim Mahlen von diesem getrennten, zerkleinerten, Fruchthäute, die Roggenkleien, dienen zu erweichenden, Zerteilenden und schmerzlindernden trockenen und feuchten Bähungen. Die frische Kruste des Roggenbrotes wird für sich oder mit einem Zusatz von Wein und Gewürz zu erregenden Bähungen, die geröstete Brotkruste mit süßen oder säuerlichen Zusätzen zur Bereitung eines gelind ernährenden und erquickenden Getränkes für Fieberkranke verwendet.
Ans den in weinige Gärung versetzten Roggenfrüchten stellte man einen Branntwein her, der in Norddeutschland nicht nur ein bedeutender Handelsartikel, sondern auch ein nicht minder ansehnlicher Verbrauchsartikel ist.

Insbesondere ist jedoch für die Heilkunde das

Mutterkorn

(S. cornutum)

wichtig. Dasselbe besteht aus den durch krankhafte Umbildung veränderten Fruchtknoten des Roggens. Es entwickelt sich hauptsächlich in feuchten niederen Lagen und in nassen Sommern, wo es die Blüten mancher Ähren in größerer oder geringerer Zahl ergreift, sehr selten aber alle Blüten einer Ähre befällt. Es stellt im ausgebildeten, frischen Zustande hornförmige, meist etwas gekrümmte Auswüchse dar, die 1,5 – 2 cm lang und 3 – 6 mm dick, ungleich dreiseitig, meist an einem Ende mehr verdünnt als an dem anderen, auf einer oder auf jeder Seite von einer Längsfurche durchzogen und zum Teil unregelmäßig rissig, außen von dunkel graubrauner oder rötlich schwarzbrauner in’s violette ziehender Farbe, matt und wie bestäubt sind. Auf dem glatten Querbruch ist es weißlich, in’s graubräunliche und gegen den Umfang oft in’s violette spielend, und zeigt unter der Lupe häufig zwei von dem Mittelpunkte strahlig, nach den Kanten verlaufende, mehr oder weniger verästele Adern. Im frischen Zustande ist es weich und etwas schwammig, geruchlos und nur beim Zerreiben einen schwachen moderigen Geruch entwickelnd und hat einen schwachen, widerlichen, ein leichtes Zusammenschnüren im Schlund veranlassenden Geschmack. Die chemische Zusammensetzung weicht von der des gesunden Samens wesentlich ab. Es findet sich namentlich kein Stärkemehl vor, dagegen werden außerdem die Hauptmasse bildenden Fungin, fettes Öl, mehrere stickstoffhaltige Substanzen und ein giftiger Stoff, das Ergorin als Bestandteile des Mutterkorns angegeben.



Anwendung

Das Mutterkorn wirkt betäubend scharf und insbesondere erregend auf die Gebärmutter, weshalb es in Pulverform bei zögernden Geburten, als ein die Wehen beförderndes Mittel und zur Erzeugung künstlicher Frühgeburten, bei Samenfluss, auch bei Tripper angewendet wird.
Bei Mutterblutflüssen und bei Mutterpolypen, um die Unterbindung leichter vornehmen zu können, ist dasselbe empfohlen worden.

In der Homöopathie wird das Mutterkorn ebenfalls angewendet und zwar nicht allein zur Beförderung der Wehen, der Geburt und bei Mutterblutfluss, sondern auch bei Neigung zur Frühgeburt, bei beginnendem Faulwerden der Gebärmutter, ferner, gegen Nasenbluten, Beschwerden beim Zahnen, Kolik, Durchfall und noch anderen Leiden.

Für den Ärzneigebrauch soll das Mutterkorn von den noch auf dem Felde stehenden Pflanzen vor der Ernte, bei trockenem Wetter gesammelt und in wohlverschlossenen Gläsern nicht über ein Jahr aufbewahrt werden.
Infolge seiner giftigen Eigenschaften erzeugt es, in Menge unter den Roggen vermahlen und mit dem Mehle genossen, die so genannte Kriebelkrankheit, ein namentlich in Missjahren – feuchten Jahren – da und dort auftretendes epidemisches Nervenübel.

Bildnachweis: By André Karwath aka Aka (Own work) [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons



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