NATÜRLICH HEILEN mit Kräutern und traditionellen Hausmitteln – Eine Buchrezension
Seit Jahrtausenden suchen wir Menschen bei Krankheit, Unwohlsein und Stimmungsschwankungen Hilfe in der Pflanzenwelt. Mit der Zeit gerieten allerdings wieder viele Kräuter und ihre heilende Eigenschaft in Vergessenheit. Die Bühne galt der modernen Medizin. Je mehr Medikamente auf chemischem Weg hergestellt wurden, desto mehr rückte das Wissen um die Wirkung von Heilpflanzen in den Hintergrund. Ende des 19. Jahrhunderts begann die Rückbesinnung auf pflanzliche Heiler, angestoßen durch den deutschen Pfarrer Sebastian Kneipp. Der Gesundheitsboom und der Wunsch nach Bioware haben dazu geführt, dass längst vergessene Kräuter aber auch Gemüsesorten wieder ihren Weg zurück in die Küche und vor allem in die Hausapotheke gefunden haben. Judith Koch unterstützt mit ihrem Buch „Natürlich Heilen“ die Rückkehr der Heilkräuter in die eigenen vier Wände. Die Informationen rund um das Thema Kräuter und traditionelle Hausmittel werden grafisch ansprechend dargestellt und laden dazu ein, sich auf eine Reise in Richtung Gesundheit zu begeben. Körper und Psyche leiden heutzutage vermehrt unter der Zunahme von Zivilisationskrankheiten. Gleichzeitig wird schon bei den kleinsten Befindlichkeitsstörungen zur chemischen Keule gegriffen. Die Autorin sieht in Mutter Natur natürliche Mittel, die Gesundheit wiederzuerlangen und lädt ihre LeserInnen dazu ein, sich von ihrem Buch auf „dem grünen Weg zur Gesundheit“ begleiten zu lassen. Es umfasst eine Vielzahl an Rezepten und natürlichen Möglichkeiten, thematisch unterteilt in Frühling und Sommer – die Hauptsaison für Kräutersammler.
Inhaltsverzeichnis
Struktur und Aufbau des Buchs
Auf den ersten Blättern des Buches findet sich ein Inhaltsverzeichnis wieder, welches über zwei Seiten hinweg einen guten Überblick über die bereitgestellten Informationen bietet. Das Buch dient als Begleiter für die Jahreszeiten Frühling und Somme und somit gliedert sich auch der Inhalt in Themen rund um das Frühjahr und im Anschluss um die warmen Sommermonate. Die jeweiligen Unterkapitel umfassen immer ein eigenständiges Thema, welches in die entsprechende Jahreszeit passt. Bevor einem jedoch die spannenden Informationen präsentiert werden, lädt die Autorin in ihrem herzliche Vorwort dazu ein, sich ihrem Konzept von natürlichem und gesundem Leben anzunehmen: „Weglassen der Dinge, die krank machen, und nutzen der Dinge, die gesund machen“. Die folgenden Seiten sind gefüllt mit vielseitigem Know-How rund um die Pflanzenwelt mit Bezug auf deren Wirkung auf unseren Körper. Die jeweiligen Unterkapitel werden eingeleitet mit einem kurzen Exkurs als Einleitung. Dabei legt die Autorin offenkundig viel Wert auf eine umfassende aber dennoch komprimierte Informationsvermittlung. Damit ist gemeint, dass das Wissen im Kontext vermittelt wird und die Fakten nicht einfach nur Teil einer trockenen Aufzählung sind. Bei der Themenwahl merkt man, dass die Autorin über ein breit aufgestelltes Wissen verfügt. Von einzelnen Pflanzenportraits wie beispielsweise der Schafgarbe über traditionelle Haustees hin zu natürlichem Sonnenschutz für die Haut. Die Rezepte werden sehr übersichtlich auf einer Seite dargestellt und mit Schlagworten zur jeweiligen Wirkung beziehungsweise Anwendungsmöglichkeit versehen. Man hat direkt alle Zutaten auf einen Blick. Dabei werden nicht nur die offenkundigen Zutaten erwähnt sondern auch Utensilien, die für den Herstellungsprozess notwendig sind. Die Zubereitung wird Schritt für Schritt in Fließtext erklärt. Um zu wissen, wie man die fertigen Tinkturen, Tees und co. anwendet, verfügt jedes Rezept über Angaben für eine innere und/ oder äußerliche Anwendung. Auf den letzten Seiten des Buches findet neben dem Literaturverzeichnis auch eine detaillierte Indexierung. Dies ermöglicht also die Rückwärtssuche, wenn man nach Informationen und passenden Rezepten zu speziellen Heilkräutern oder Gemüsesorten sucht.
Rezepte im Frühling
Spätestens wenn der Frühling wieder vor der Tür steht und wir unseren Körper nach den weihnachtlichen Festtagen entgiften möchten, stehen Detox-Kuren auf der Tagesordnung. Genau mit dieser Thematik steigt Judith Koch passenderweise in das Oberkapitel Frühling ein und eröffnet damit auch den inhaltlichen Teil ihres Buches. „Gesund und grün abnehmen ohne Jo-Jo-Effekt“ heißt es im ersten von 13 Frühlingskapiteln – ein Wunsch, den viele Menschen haben. Ein fitter Körper geht meist einher mit einem gesunden Körper und auch Geist, weshalb sich dieses Kapitel als optimaler Einstieg in die Thematik „grüner Weg zur Gesundheit“ anbietet. Bevor die Autorin gesunde Rezeptvorschläge präsentiert, wird den LeserInnen kurz und knapp auf circa 11 Seiten vermittelt, worauf es bei dem Erreichen eines gesunden Körpergewichts ankommt. Dabei werden zunächst die verschiedenen Lebensmittelbestanteile unter die Lupe genommen. Im Anschluss daran folgen Beispiele für Gewürze als Fettverbrenner sowie köstliche Appetitzügler und würzige Verdauungshilfen. Auch Wildkräuter können beim Abnehmen unterstützen, da die enthaltenen Bitterstoffe bei uns Menschen den Verdauungsstoffwechsel ankurbeln. Welche Wildkräuter besonders hilfreich sind und zu den sogenannten „Wilden Abnehmhelfern“ zählen, schlüsselt die Autorin ebenfalls in diesem Kapitel auf. Anschließend folgen Rezepte für Wildkräuter Smoothies oder Salate, die sich für eine Wochenend-Wildkräuter-Kur anbieten. Besonders gut gelungen ist der Autorin das Abdecken eines großen Spektrums zum Thema Abnehmen, da nicht einfach nur Rezepte vermittelt werden, sondern auch Aspekte wie eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, ein erholsamer Schlaf und genügend Bewegung als essentiell für eine Gewichtsreduktion kommuniziert werden.
Die darauffolgende Kapitel thematisieren unter anderem die Entschlackung mit grünem Gemüse, basische Ernährung und wie man Basentees selber mischt und geben einen Überblick über wichtige Kräuter in der Fastenzeit. Gerade durch Kapitel wie „Erste Hilfe bei kleinen Verletzungen im Garten“ zeigt sich, wie vielseitig dieses Buch konzipiert ist. Dabei stehen natürlich alte Hausmittel und Heilkräuter im Vordergrund, welche bei kleinen Blessuren und leichten Verstauchungen oder Zerrungen schnell Linderung verschaffen können. Bei dem dazu passenden Rezept handelt es sich um selbstgemachte Ringelblumen- und Schafgarben Salbe, welche beruhigend, entzündungs- und keimhemmend wirken soll. Dazu kann die Autorin auch eine persönliche Geschichte erzählen, denn mit der Ringelblumensalbe, die Judith Koch von ihrer Oma Herta geschenkt bekam, fing alles an. Diese war nämlich aufgrund des verkochten Schweineschmalzes so lecker, dass der Hund sie komplett aufgeschleckt hatte und Judith Koch sich somit entschloss, selbst eine neue Salbe herzustellen.
Weitere interessante Themen aus dem Frühlings-Abschnitt sind unter anderem natürliche Heilmittel für eine frühlingsfrische Haut sowie gegen Heuschnupfen und Allergien. Die Autorin klärt über das Antiallergikum Vitamin C auf und welche Obst- und Gemüsesorten besonders viel davon enthalten. Wie man quasi pflanzliches Cortison herstellt und was eine schnelle Hilfe bei Niesanfällen sein kann, erfährt man im hinteren Bereich dieses Kapitels. Da besonders im Frühjahr viel Gartenarbeit ansteht, greift das letzte Kapitel für den Frühling die Hilfe beim Tennissyndrom auf. Bei dem sogenannten Tennisarm, ist man geplagt von Schmerzen auf der Außenseite des Arms. Grund dafür sind alltägliche Dauerbelastungen. Diese können auch beruflich bedingt sein, weshalb vor allem Handwerker und auch Kellner zur Risikogruppe zählen.
Rezepte im Sommer
Langsam sind wir im Sommer angekommen und die Temperaturen steigen. Ebenso die Lust nach köstlichen Erfrischungen. Das erste von 19 Kapiteln für die Sommermonate greift demnach der Kraft der Minze auf, sowohl von innen als auch von außen zu kühlen. Da die Minze sehr kreuzungsfreudig ist, gibt es eine Vielzahl an neuen Varianten – zu Heilungszwecken sind jedoch nur einige wenige zu gebrauchen. Was man alles aus Pfefferminze und Co. herausholen kann, wird auf den folgenden Seiten beschrieben.
Die nächsten zwei Kapitel stellen Pflanzenportraits dar. Zuerst wird der Quendel genauer betrachtet und im Anschluss die Schafgarbe als Allheilerin portraitiert. Letzteres weist einmal auf das vielseitige Wirkungsspektrum des Heilkrauts hin. Denn die Schafgarbe ist nicht nur in vielen Regionen angesiedelt sondern erstreckt ihre Heilkraft sowohl auf uns Menschen als auch die Pflanzen, die in ihrer Nähe wachsen. Ein Heilkraut, dessen Beachtung sich bei einem Spaziergang über naturbelassene Sommerwiesen durchaus lohnt. Doch auch am Wegesrand finden sich oft unscheinbare Heiler, die nur zu schnell übersehen werden. Dazu zählt die Autorin beispielsweise den Dost, Gundermann und das Klettenlabkraut. Judith Koch klärt auf, dass es sich in solchen Fällen keineswegs um Unkraut handle und nicht nur Kamille oder Johanniskraut den Titel Heilkraut verdient haben. In folgenden Rezepten lernt man beispielsweise, wie man bei schlecht heilenden Wundern Gundermann-Heilöl herstellt sowie den Dost als Badezusatz bei Unterleibsbeschwerden und Hautentzündungen zu schätzen.
Ein weiteres Sommerkapitel greift die umstrittene Thematik Sonnenschutz auf. Die Autorin nimmt sich in diesem Kapitel wieder die Zeit, um wesentliche Faktoren zum Thema Sonnenschutz aufzugreifen und klärt über Mythen in Bezug auf das Sonnenbaden auf. Die LeserInnen profitieren wieder mal von Rezepten für eine vorbeugende Hilfe von innen, natürlichem Sonnenschutz von außen und regenerierender Pflege, wenn der Sonnenbrand dann doch da ist.
Neben natürlichen Mitteln bei Sonnenbrand, gibt die Autorin in ihrem Buch noch zahlreiche weitere Informationen weiter. Beispielsweise über „Grüne Helfer auf Reisen“, welche Heilkräuter in der Hausapotheke vorhanden sein sollten und wie man diese richtig konserviert. Abgeschlossen wird der Sommer mit den 14 wichtigsten Heilkräutern im Hochsommer. Dazu bekommt jedes Kraut eine eigene Seite mit einem ganz persönlichen Steckbrief gewidmet, um Merkmale, Blütezeit, Vorkommen, Anwendung als Heilpflanze, Verwendung in der Küche und Anwendungsformen in der Heilkunde genau aufzuschlüsseln.
Optischer Gesamteindruck
Hält man das Buch in den Händen, fällt einem direkt der Vorteil von Softcovern auf: flexiblen, modernen und dynamischen. Auf dem Cover des Buches lächelt einen die Autorin selbst an. Es wird durch die Überschriften deutlich, was Inhalt des Buches sein wird: Rezepte, um eine basische Balance zu finden und dann auch zu erhalten. Beim Aufschlagen des Buches entdeckt man, dass der Umschlag eine zusätzliche Klappe besitzt, die nach innen gelegt ist. Auf der Innenseite der Klappe findet man einen Sammelkalender für insgesamt 47 Kräuter – aufgeteilt auf die Vorder- und Rückseite des Buches. In der ersten Spalte findet man den herkömmlichen Namen sowie die botanische Übersetzung. In den darauf folgenden Spalten, welche die zwölf Monate des Jahres darstellen, werden entsprechende Symbole an den Stellen platziert, wann das jeweilige Pflanzenteil gesammelt werden sollte. Der Sammelkalender unterscheidet nämlich nicht nur zwischen Kraut und Wurzel sondern untergliedert auch noch zusätzlich in Samen, Blätter, Blüten und Beeren, sofern das Kraut solche aufweist. Während man beim Baldrian die Hälfte des Jahres nur die Wurzel sammelt und lediglich im Frühling Blätter und Blüten dazukommen, verwendet man bei der Kamille nur die Blüten aus den Sommermonaten. Durch den Sammelkalender hat man einen schnellen Überblick über die essentiellen Heilkräuter und wann deren Zeit gekommen ist.
Mit insgesamt 304 Seiten zählt das Buch zu einem eher dickeren. Im ersten Moment könnten sich Neulinge in der Kräuterwelt aufgrund des Umfangs überfordert fühlen. Sobald man das Buch jedoch aufschlägt, ist dieser Gedanke verflogen. Das Layout vermittelt eine gewisse Leichtigkeit und lädt dazu ein, mehr in die Welt der Heilkräuter und traditioneller Hausmittel einzutauchen. Jedes Kapitel wird durch ein ansprechendes Bild und der jeweiligen Überschrift eingeleitet. Die Rezepte unterscheiden sich optisch klar von dem vorangestellten Fließtext und werden auch als solche betitelt. Über der jeweiligen Überschrift finden sich in anderer Farbe und somit deutlich hervorgehoben, Schlagworte zur Einordnung des Rezeptes. Sei es in Bezug auf die Wirkung oder das konkrete Anwendungsgebiet. Die Zutaten und Schritte der Zubereitung stehen in zwei Spalten nebeneinander. Zu guter Letzt werden die Angaben über die innere und/ oder äußerliche Anwendung in anderer Farbe hervorgehoben.
Über die Autorin
Judith Koch ist nicht nur Autorin sondern auch ausgebildete Kräuterpädagogin. Sie ist außerdem tätig als fachliche Beraterin einer großen Fachzeitschrift, welche über das Heilen und Pflegen nach alter Tradition berichtet. Ihr erstes Buch „Alte Heiler“ erschien 2016 und greift eben diese Thematik auf – einen neuen Weg zu alt bekannten und bewährten Wildkräutern finden. Auch in Form von Vorträgen gibt die Autorin regelmäßig ihr altes Wissen um die Geschichten von Pflanzen und deren wohltuender Wirkung auf Menschen weiter. Gemeinsam mit ihrer Familie lebt Judith Koch den Traum, eines jeden Kräuterliebhabers. Ein großer Naturgarten mit ausreichend Platz um heimische Wild- und Heilpflanzen zu pflanzen, beobachten und erproben.
Fazit
Das Besondere an diesem Buch ist die Vielseitigkeit. Sowohl Anfänger als auch erfahrene Kräuterhexen werden dazu eingeladen, sich von den Inhalten inspirieren zu lassen. Dadurch, dass das Buch so aufgeteilt ist, dass zwischen den Rezepten immer wieder kurze Textabschnitte mit Informationen zu verschiedenen Pflanzen oder Heilmethoden auftauchen, wird man weder mit Informationen überschüttet, noch fühlt man sich nicht richtig abgeholt. Es entsteht vielmehr eine angenehme Balance zwischen Theorie und Praxis, wertvollem Input und kostbaren Rezepten. Der ausklappbare Umschlag des Buches trägt ebenfalls dazu bei, viel Wissen durch ein selbsterklärendes und übersichtliches Design ansprechend und leicht verständlich zu vermitteln. Was an dieser Stelle jedoch erwähnt werden sollte: für die Anwendung eines solchen Sammelkalenders werden insoweit Kenntnisse vorausgesetzt, als dass man die Kräuter in der Natur auch finden und vor allem erkennen kann. Profile zu den einzelnen Kräutern mit einer Pflanzenbeschreibung und Bilder sind nämlich nicht vorhanden. Allerdings weist die Autorin darauf hin, dass die Hausapotheke auch mit getrockneten Heilkräutern aus der Apotheke gefüllt werden kann. Dies hat sogar den Vorteil, dass eine gleichbleibende und kontrollierte Qualität gesichert ist. Keine Schadstoffe, dafür eine entsprechende Wirkstoffmenge – was man beim selber Sammeln nicht immer sagen kann.
Für dieses Buch kann man eine absolute Kaufempfehlung aussprechen. Es ist ein wunderbarer Begleiter für alle Kräuterbegeisterten, um sich von neuen Rezepten inspirieren zu lassen aber vor allem auch für Einsteiger, die ihren Lebensstil immer ein Stückchen grüner gestalten möchten.